1 April 2020

Zuhause

Geschreven door c2lounge

Durch die Krise in unseren Ländern sind die meisten von uns mehr zuhause als sonst. Viele Zusammenkünfte sind abgesagt, Theater und Konzertsaale geschlossen, die Kirchen sind zu, wir alle sind sehr begrenzt in unsere Bewegungsfreiheit. Wir verstehen die Notwendigkeit dieser Maßnahmen, sind aber auch traurig darüber, dass soviel das uns Freude gibt im Leben jetzt unmöglich geworden ist. Was machen wir dann zu hause? Wie fühlen wir uns dort?

Ich weiß, dass es vielen gibt die sich vor allem abgeschlossen fühlen. Vom Leben; von dem was ihr Leben ausmacht; oder mindestens sehr wichtig darin ist; von vielen Aktivitäten die sie lieben, oder von Menschen die sie betreuen. Es ist für sie als ob sie eingesperrt sind in einem Leben, das sie so nicht gewählt haben. So muß es nicht sein, für eine lange Zeit.

Kann es aber auch anders für uns sein? Können wir fruchtbar umgehen mit der Zeit, die uns unerwarteter Weise plötzlich gegeben ist?

Ich mußte denken an einem alten Priester, der ernsthaft krank gewesen war, und, wieder zu hause, ein neues Leben entdeckte. Er hatte von seinem Kardiologe gehört, dass er die erste Stunden des Tages nicht arbeiten dürfte, wie er gewohnt war, sondern erst nur ein bisschen herumlungern mußte. Das machte er, mit einer gewissen Abneigung, aber entdeckte, im Laufe der Wochen, dass dieses Herumlungern immer mehr ein Denken an andere Menschen beinhaltete; immer mehr auch eine stille Bewunderung für was er als ihre Innerlichkeit erfuhr, für die Reichtum ihrer Gedanken, für die manchmal unerwartete Freuden ihres Lebens. Diese Bewunderung wurde immer mehr eine Form des Gebets, für anderen Menschen. Nicht nur für Menschen der Kirche, aber auch für Außenstehenden, auch für Menschen in Not, in Krankheit oder Armut. Er entdeckte, wie diese Bewunderung, als ein Gebet, immer mehr sein Leben beschäftigte, und ihn an den Gedanken gewöhnte, sich lange Zeit zu hause aufhalten zu müssen. Und davon zu genießen.

Dieses Beispiel hat mir selber geholfen mich in einer vergleichbare Situation wirklich gut zu hause zu fühlen, und in die neu entstandene Situation eine gewisse Fruchtbarkeit zu entdecken. So etwas hoffe ich jetzt auch für uns alle. Vielleicht kann die Krise die uns jetzt alle trifft, und die auch so leicht zu Gefühle von Unglück und Missmut führt, uns auch die Möglichkeit bieten, auf eine neue Weise das Zuhause-sein zu entdecken. Um wieder zu tun, was wir vielleicht lange Zeit nicht getan haben. Um wieder die Freuden zu entdecken, die wir vielleicht zu sparsam genießen: die Freude um zu lesen, um Musik zu machen mit einander, oder zu hören; um mehr Zeit zu haben um mit einander zu reden, in voller Aufmerksamkeit; um wieder zu lieben.

Um so über uns selber hinauszusteigen, wie der Zöllner Zacheus tat, als er den Aufruf Jesu beantwortete: “ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein” (Lukas 19). Um etwas vom Geist Christi in unserem Leben zu empfangen.

Dann können auch wir Möglichkeiten unserer Gastfreundschaft entdecken, Zuhause; nicht nur offen für das Leben von anderen Menschen, aber auch für unsere eigene Aktivitäten, und für vergessene Möglichkeiten des Glaubens.  Um so wieder zu wissen, was uns wirklich wichtig ist.

Severien Bouman

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