Predigt März 2025

Endlich ist es wieder Frühling!

Nicht vorgestern, sondern am Freitag davor war der 21.März und die wichtigste Nachricht an diesen Tag war für mich, dass der Papst wieder ‘sprechen lernen muss’ : das sind gute Nachrichten!

Natürlich macht es überhaupt keine Spass, wenn man ab einem gewissen höhen Alter wieder sprechen lernen muss, aber für den Papst ist das gar keinen Problem denke ich: ich glaube er freut sich schon lange sehr dass es ihm wieder im Krankenhaus einigermassen gut geht und er nächtes Ostern vielleicht wieder Urbi et Orbi von Höhen segnen kann und sich auch wie gewohnt bei den Niederlanden für die Blumen bedanken kann.  Und Ostern definiert uns heute, es ist der vierten Sonntag in der Fastenzeit und die liturgische Farbe ist heute rosa.

Schön. La vie en rose.

Es ist sicher, dass der Papst zu Ostern etwas zu sagen hat. Es ist der Geist der Auferstehung und der Papst muss nicht nach Worten suchen: der Herr ist wahrlich auferstanden! Wir haben diesen Punkt jedoch noch nicht erreicht und wir sollten uns noch kleine Sorgen um die Gesundheit des heiligen Vaters machen, aber

wenn es soweit ist, fehlen ihm nicht die Worte! Das ist das Evangelium! Ja dass muss ich vielleicht erklären und ich versuche darüber heute etwas zu sagen, etwas Sinnvolles über das Evangelium zu sagen, dass in der Kirche gepredigt wird.

Das Evangelium, die gute Nachricht besagt dass wir niemals vor den richtigen Worten zurückschrecken müssen. Wir haben die Worte, dass ist wirklich die gute Nachricht. Es ist schön, nicht nach Worten suchen zu mussen, es ist nicht so schön mit einem Mund voller Zähne zurückgelassen zu werden.

Aber was soll man manchmal sagen?

Warhol, der berühmte Pop Art Künstler hatte einst eine brilliante Idee: er sagte dem Interviewer “Gib mir die Worte und ich werde sie nach dir wiederholen”!

In der NYTimes schrieb ein politischer Kommentator dass den Demokraten eine Sprache fehlt, sie haben einfach nicht die Worte um auf Trump zu antworten. Ich zitiere (verdeutscht) “damit man auferstehen kann, braucht man die Worte. Man muss die Sprache haben um zu protestieren, zu agieren, um auf zu stehen; wenn man die Sprache nicht zur Hand hat, wird mann sicherlich scheitern!”.

Oh nein, lieber Pastor, nicht wieder mehr über Politik!

Und der älteste remonstrantische Pastor (er ist weit über 90 und immer noch stark) Simon Vuyk schrieb mir Anfang dieses Monat : “Lieber Peter, die Kanzel ist da, es dient nicht dem politischen Kommentar, sondern der Verkündigung des Evangeliums. Natürlich lasst sich dabei etwas über die Struktur der Welt und die Anthropologie sagen”.

Ja, das hat mich in der Vorbereitung zu heute zum Nachdenken gebracht: die Verkündigung des Evangeliums, das ist meine Aufabe!

Aber, was für eine Aufgabe!  Was ist das, das Evangelium?

Der Religionspsychologe Carl Gustav Jung bringt es in seinem Buch Antwort auf Hiob so auf den Punkt : “Jesus übersetzte und milderte  die bestehende jüdische Tradition in seinem eigenen Leben und verkündete die gute Nachricht: Gott hat Wohlgefallen an der Menschheit. Er ist ein liebevoller Vater und liebt, wie ich dich liebe, und er hat mich als seinen Sohn gesandt um dich von deinen Sünden und Schuld zu befreien”.

Schön. Wieder, la vie en rose.

Wie schon gesagt, Simon Vuyk hat mich auch noch etwas über Anthropologie geschrieben und das Jung-Zitat wirkt Wunder: es bringt uns sowohl zur heutigen Bibellesung über den verloren Sohn und den liebenden Vater als zum Thema Anthropologie, also was ist der Mensch?

Die  für den vierten Fastensonntag verfasste Evangelielesung ist das Gleichnis Jesu von verlorenen Sohn. Darüber könnte man ein Buch schreiben. Und das würde ein paar Mal gemacht.

Henri Nouwen hat das schönste Buch mit dem Titel Endlich zu Hause darüber geschrieben und dieses wurde teilweise von einem majestueusen Gemälde von Rembrandt inspiriert. Bevor wir damit fortfahren noch eine kurze Anmerkung zur Politik: Politik spielt jetzt gar keine Rolle mehr. Trump, Putin und Gleichgesinnten, es ist alles mehr das Gleiche und wir haben eine Vorstellung davon wie es enden wird, aber es wird eine Weile dauern.

Im Gleichnis von verlorenen Sohn das wir gerade eben gehört haben sprach der Sohn : “Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heisse; mache mich zu einem deiner Tagelöhner “. Das sind Worte die wir nicht leicht im Mund haben oder überhaupt behalten und die auch nicht nötig sind. Wir alle haben Schmerzen.

Das Gleichnis von verlorenen Sohn passt eigentlich gar nicht bei unserem bildungsbürgerlichen Christentum im post-säkularen Zeitalter.       

Es vermittelt uns jedoch einen dramatischen Blick auf die menschliche Existenz durch die malerischen Darstellung verschiedenen Arten von Menschen. Uns werden zwei radikal verschiedenen Menschentypen vorgestellt, zwei radikal unterschiedliche Optionen zu Leben vorgestellt: die Person die in der Lage ist Dinge anzusehen und glücklich zu sein , und die Person der nicht in der Lage ist sich zu freuen und die unglücklich ist: der Bruder  der sich über das unverhoffte Wiedersehen partout nicht freuen kann; und der Vater der sich sehr über das unverhoffte Wiedersehen von Herzen freut.

In Henri Nouwens Buch Endlich zu Hause werden wir vom Autor malerisch und literarisch an die Hand genommen um uns in drei Bilder der Menschheit zu versetzen. Tatsächlich werden wir aufgefördert uns mit den verschiedenen Rollen die getrennt sind zu identifizieren: nicht nur mit dem verlorenen Sohn oder mit dem ältesten Sohn, der Bruder, uns zu identifizieren und sie auf uns zu nehmen, sonder auch den Roll des Vaters der sich tout cour freut.

Eigentlich tätst du gut daran Nouwens Buch selbst zu lesen. Allein der Titel spricht Bände und gibt uns auch einen Blick in das, was oder wer der Mensch ist, wer der anthropos ist und so kehren wir noch einmal zu Simon Vuyks Notiz für mich zurück.

Wer ist der Mensch? Was macht ihn am Ende aus?

Ich weiss es natürlich nicht genau. Aber ich denke es könnte sein, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Gleichnis von “verlorenen Sohn”und der “Paradiesgeschichte von Adam  und Eva”. Die Verbindung zwischen beiden ist das Konzept von Verlust: der verlorene Sohn versus das verlorene Paradies.

So überlegt bedeutet das anthropologisch, dass der Mensch nicht nur ‘etwas’verloren hat, sondern er hat sich sogar selbst verloren.

Oder auf Englisch: he is lost in life. Die Paradiesgeschichte von Adam und Eva ist die erste Akte in der Aufführung des menschlichen all zu menschlichen Dramas Lost in Life mit deutschen Untertiteln und Synchronisation “nicht nur verloren zu sein, sondern auch nicht wissen wo ‘etwas’ zu suchen, oder schlimmer noch, was zum Teufel soll das ‘etwas’ überhaupt sein?”.

So überlegt bedeutet das anthropologisch, dass es die menschliche Verfassung oder condition humaine ist vertrieben zu sein: nicht und nirgendwo zu Hause zu sein.

Was bedeutet es ‘Mensch zu sein?’;

was bedeutet es ‘Mensch auf Erden zu sein in dieser Weltzeit?’;

was bedeutet es ‘Mensch vom Garten Eden ausgeschlossen zu sein?’;

was bedeutet es ‘überall und nirgendwo zu Hause zu sein?’.

Der niederländische Theologe und Schriftsteller Huub Oosterhuis dichtete (verdeutscht):

“Ein Mensch auf Erden in dieser Weltzeit zu sein

Und ausserhalb der Ewigkeit zu sein  

bedeutet

Von den geschriebenen Worte zu leben

Und so zu werden wie Jesus

Er der es uns gezeigt hat”.

Und so sind wir fast wieder am Anfang.  Was ist das Evangelium? Dass wir Worte haben! Das wir Worte haben und nicht mit leeren Händen dastehen.

Was ist die gute Nachricht? Die fröhliche Botschaft? Das Evangelium?

Es sind die lebendigen und inspirierenden Worte , die in den vier synoptischen Evangelien niedergeschrieben sind um wie Jeus zu werden der es für uns gelebt hat.

Ja! Das Wort ist Fleisch geworden, es wohnte einmal unter uns und es war sozusagen ganz bei uns zu Hause um uns nach Hause zu bringen; das heisst um uns dorthin zu bringen wo wir zu Hause sind und hingehören.

Und wo ist das?

Wo bist du ganz zu Hause?

Kurz gesagt, das ist da wo die Liebe wohnt.

Ich kann es jetzt nicht besser sagen. Und ich weiss auch, dass ich der Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies nicht ganz gerecht werde, aber im Moment ist es gut genug. Also, wo sind wir zu Hause?

Wo die Liebe wohnt, da befiehlt Gott seinen Segen und wo Gottes Segen ist, ist das Paradies. So einfach ist es.

Ist es einfach?

Nein.

In der Liebe zu leben wie Jesus es uns gelehrt hat und wie es niedergeschrieben ist, zum Beispiel in den fast unmöglichen Worten :

“Liebe deine Feinde, segne diejenigen die dich verfluchen und tue Gutes denen, die dich hassen”,

kurz gesagt,

nach und in Übereinstimmung mit den heiligen Worten des Evangeliums zu leben ist nicht nur schwierig, sondern sogar unmöglich.

Aber, so sagte Jesus “was für Menschen unmöglich ist, ist für Gott möglich” (Lukas 18:27).

Ich kann es auch nicht glauben, aber wenn wir es selbst nicht oder gar nicht können, können wir es und sei es noch so vorläufig, mit Hilfe des Geistes Gottes.

Am Ende seines Liedes “ein Mensch auf Erden zu sein” dichtete Huub Oosterhuis die Strophe (verdeutscht)

“Ein Mensch auf Erden zu sein

Das ist den Geist zu empfangen

Der zum Leben führt

Menschen nicht im Stich zu lassen

Sich dem Wort Gottes zu verplichten,

Das bedeutet, dem Teufel auf unserer Erde zu widerstehen”

Zum Schluss, und das bringt uns endlich wieder zum Ausgangspunkt zurück: was ist das Evangelium, das wir predigen?

Das Evagelium ist das die Worte der Liebe und Gerechtigkeit in unserem Mund gelegt werden wie Regentropfen auf eine durstigen Zunge;

hat Jesus es uns nicht versprochen?

Ja, er hat es:

“Der Tröster, der Heilige Geist den der Vater in meinem Namen senden wird, er wird euch alles lehren und euch alle Worte erinnern die ich zu euch gesprochen habe” ( (Johannes 14:26).

Amen

Rotterdam, März 2025

PAPE Kattenberg   

Gebet in der Fastenzeit

Gott, wohin zugehen? Du hast Worte des Lebens!

Du gibst uns Worte des Lebens zu beten: kyrie eleison

Gott, wir beten Dich: habe Mittleid mit uns uns habe Mittgefühl mit deiner Welt in Not: kyrie eleison

Gott, wir bitten Dich mitten in der Fastenzeit des Frühlings wenn wir über das Leiden Jesu und das Leid deiner Schöpfung und der Welt nachdenken, wir bitten um deine Barmherzigkeit: kyrie eleison

Gott, wir bitten Dich dass deine Friede unsere Herzen und die Welt bewahrt: kyrie eleison

Gott, die Erde klagt uns an bei Tag und Nacht: kyrie eleison

Gott, ruf uns auf! Ruf uns auf zum Himmel und zu deinem Licht!

Gott, die Erde jagt uns auf den Abgrund zu, die Himmel fragt warum?

Lass uns beten und an Gott flehen um Friede den Menschen die bösen Willens sind um ein Ende aller Rache und allen Reden über Vergeltung: kyrie eleison

Die Grausamkeiten des Krieges in der Welt, in Ukraine, in Gaza und an all den Orten die wir gerne übersehen und ignorieren, spotten die Grenzen des menschlichen Begreifens und Einbildungskraft: kyrie eleison

Daher o Gott! Wäge nicht deine Leiden auf den Schalen deiner Gerechtigkeit: kyrie eleison

Daher o Gott! Vergib uns und allen schlechten Menschen um uns herum um des Mutes und des Seelenkraftes der Andern willen, wie es vor us im Leben Jesu gelebt, erlebt und als Vorbild gegeben wurde.

Amen