Gottesdienst Pfingsten 2019

Bibellesungen:
Psalm 104: 24 – 32.
Apostelgeschichte 2: 1 – 14.
II Korinther 3: 1 – 4.

Gebet:
Lieber Gott,
könntest du so bei uns sein,
dass wir deine Nähe verspüren?
Dass wir wissen, für immer,
dass du unser Leben erneuerst,
uns wieder auf die Füsse stellst,
uns Vertrauen gibst, und Zuversicht:
dass wir, mit allem was du uns im Leben gibst,
uns in deinem Dienst stellen können,
verfügbar für Menschen, verfügbar für dich,
uns dessen bewusst, was das Leben fragt.
Wir sind, lieber Gott, nicht immer in deiner Nähe,
und auch du selber bist manchmal weit von uns weg,
unerreichbar fern, manchmal ohne ein Zeichen
dass du irgendwo da bist, irgendwie in der Welt,
oder in unserem Leben, wo wir dich brauchen,
um wieder zu hören, um wieder zu wissen,
wie gut das Leben ist, wie kostbar uns Menschen sind,
wieviel es gibt, worauf du uns weist.
Wir brauchen manchmal ein Lebenszeichen von dir,
um wieder zu wissen wie sehr du uns mit Leben erfüllst,
was wir alles im Leben tun müssen, und können;
damit unser Vertrauen von dir kommt,
damit unsere Zukunft lebendig vor Augen steht,
damit wir einfach für Menschen da sind,
gemeinsam mit dir, in Frieden.
Sei deshalb bei uns, Gott, sende dein Geist,
der uns mit Heiligkeit erfüllt,
der uns für dich begeistert,
uns inspiriert zu liebevolle Taten,
uns auch ein bisschen glücklich macht,
mit dir, mit all’ den Menschen, um uns herum.
Amen.

Predigt:
“Unverkennbar seid ihr ein Brief Christi…”

Vielleicht könnte dieser Satz, den der Apostel Paulus an seine geliebte Gemeinde von Korinth geschrieben hat, für uns etwas verdeutlichen über die Frage was Pfingsten, auch jetzt noch, sein könnte: als das Fest der Ausgiessung des Heiligen Geistes. Viel unbekanntes steckt in diese Worte, es sind Worte die wir nicht (oder kaum) mehr benutzen in unserem täglichen Leben. Aber dennoch können sie wichtig sein, – und ich glaube dass sie wichtig sind. Und deshalb müssen sie umschrieben werden, in Worte, in Bilder, die auch für uns verständlich sind. Wie zum Beispiel mit dem Wort “Brief”, ein Wort das wir kennen, ein Wort das auch in der Bibel schon ein Begriff war, und das Paulus (der ein grosser Briefschreiber war) benutzt um für ihn wichtige Sachen zu umschreiben.
Was ist also ein Brief? Wie wichtig kann dieser sein?
Vor kurzem war ich im Rijksmuseum, das grosse Museum in Amsterdam, wo viele besondere Kunstwerke der Niederlande ausgestellt sind. Was es auch für Ausstellungen gibt, es ist immer der Mühe wert um auch die ‘Ehrengalerie’ des Museums anzusehen, wo die ‘Nachtwacht’ Rembrandts hängt, aber auch kleinere Meisterwerke des “goldenen Zeitalters” der Niederlande; in kleiner Format, meine ich. Dieses Mal war ich sehr beeindruckt von einige Bilder von Pieter de Hooch, aus Delft, und seinem ebenfalls aus Delft gebürtige Genosse Johannes Vermeer. Plötzlich fiel mir auf, dass auf verschiedene dieser wunderschönen Bilder Briefe gemalt waren, und darauf eine wichtige Rolle spielten. In den Händen, in den Gedanken von Menschen.
Als erstes wurde ich getroffen von einem Bild von Pieter de Hooch, das “Das Reichen eines Briefes im Vorderhaus” heisst. Eine Frau sitzt in einer Ecke im Vorderhaus, vielleicht auch um Aussicht auf die Strasse zu haben, weil sie schon einen Brief erwartete. Ein Mann ist eingetreten, hält den Brief in seinen rechten Hand, und sie hält schon die nächste Hand ausgestreckt um den Brief zu empfangen. Es ist ein spannendes Moment, das hier ausgebildet wird, wobei Erwartung und Hoffnung auf einer nahestehende Erfüllung eine grosse Rolle spielen. In einer Ecke eines Zimmers also, eines Hauses, in eine Ecke der Stadt, die im Licht badet; wo Ruhe und Helle herrschen. Ist das ein Gegensatz zwischen den gespannten Erwartungen der Frau und der Ruhe der Stadt? Ist das Hoffnung auf eine baldige Ruhe?
Ein Brief kann also sehr wichtig sein, entscheidend für die nächste Zukunft, vielleicht für das ganze Leben. Was wird der Abwesende schreiben? Es steht schon ein leere Stuhl bereit, – wird dieser schon bald besetzt sein? Das ist die grosse Frage die der Brief beantworten muss.
Auch der grosse Maler Johannes Vermeer, ein Freund von Pieter de Hooch, hat eine vergleichbare Szene ausgebildet. Hier empfängt eine Frau im Inneres eines Hauses einen Brief. Auch sie muss diesen erwartet haben, mit Ungeduld, wird von verschiedenen Kommentatoren bestätigt. Ob sie selber im Hause tätig war, oder ihres Dienstmädchen, – die benötigte Sachen dafür stehen noch herum; ob sie so unruhig war dass sie ihre Zither in ihre Hände genommen hat um sich ein bisschen abzulenken, – sie ist auf jeden Fall sehr unsicher wegen der Inhalt dieses Briefes. Sie kuckt ihr Mädchen an, in der Hoffnung dort (bei ihr) eine Beruhigung zu finden. Und diese Beruhigung findet sie auch, das Mädchen lächelt ihr beruhigend zu, als ob sie sagen will: es ist nicht so schlimm wie du fürchtest, es wird schon gut kommen. Wahrscheinlich geht es hier, wie so oft, um die Liebe, um einen Liebesbrief. An der Wand hängt ein Bild von Schiffe auf das Meer, eine übliche symbolische Andeutung der Unsicherheit der Liebe, des Lebens manchmal: das Meer kann ruhig bleiben, oder stürmisch werden, man weiss das nie. In diesem Fall muss der Brief darüber Auskunft geben: wie geht das Leben, die Liebe, weiter? Und hoffentlich hat das Mädchen recht, mit ihrem Lächeln, ihrem Vertrauen in der Zukunft ihrer Meisterin. So können sowohl ein Brief, wie die Ermutigung unserer Nächsten, uns sagen wie das Leben weiter geht; uns Vertrauen im Leben geben, wo wir alleine noch unsicher sind.
Briefe werden nicht nur empfangen, sondern auch geschrieben. Auch über dieses Thema hat Vermeer ein Bild gemalt. Eine Frau versucht einen Brief zu schreiben, ein Dienstmädchen ist dabei anwesend, ungefähr dasselbe Mädchen, um ihr Beistand zu leisten. Offenbar ist das auch notwendig; auf dem Boden des Wohnzimmers liegen zerknüllte Versuche, und ein Buch worin möglicherweise Vorbilder stehen für die schwierige Briefe, die wir manchmal im Leben schreiben müssen. Auch das ist hier nicht verwendbar, das Buch ist auf den Boden geworfen; dieser Brief muss aus ihr selber kommen, aus ihrem Herz, ihrem Gemüt. Aber manchmal reicht die Hilfe eines anderen Menschen dazu; vor allem wenn dieser zum Licht sich wendet, vielleicht in mehrere Sinne des Wortes. Auch das kann anderen das Vertrauen geben, dass es gut kommt, mit diesem schwierigen Brief. Und mit dem Leben.
Eines der schönsten Bilder von Johannes Vermeer ist das Bild das den Namen trägt: “Brieflesende Frau im Blau”. Hier wird nicht gereicht, der Brief ist schon da, er ist schon empfangen. Hier ist auch niemand anders anwesend, diese Frau ist alleine: sie muss selber versuchen diesen Brief zu verstehen. Sie muss diesen Brief leidenschaftlich erwartet haben, in der frühen Morgen, als sie noch beschäftigt war sich zu kleiden, ihr Toilette zu machen: ihre Perlenkette liegt noch auf den Tisch, zum Teil bedeckt mit dem zweiten Blatt des Briefes. Das ganze Bild wird gekennzeichnet vom Gegensatz zwischen Ruhe und Unruhe: die äusserliche Ruhe der Frau, und ihre innerliche Unruhe, angedeutet nicht nur durch die beiden leere Stuhlen, aber auch durch die Landkarte an der Wand, die eigentlich nur eine verwirrende Landschaft zeichnet. Was wird der Auskunft sein? Die Frau weiss es noch nicht, und wir wissen es natürlich auch nicht. Aber auch wir wissen, wie wichtig ein Brief sein kann, ein Brief den wir selber empfangen, ein Brief den wir selber schreiben. Es kann soviel beinhalten, soviel wichtiges für das Leben, von einem anderen, für uns selbst. Ein Brief kann so viele Distanzen überbrücken, kann Menschen so nahe bringen zu einander, aber kann auch so viel unsicher machen, so verletzend sein für das Leben von Menschen.
Paulus, der Apostel Jesu, der Jesus selber nicht bei seinem Leben gekannt hatte, aber ihn später, im Geiste, in einer Vision, gesehen hatte, und sein Leben in seinem Dienst gestellt hat, – Paulus kannte die Bedeutung eines Briefes sehr gut. Er hat selber verschiedene Briefe geschrieben, die uns auch überliefert sind; lange und reiche Briefe manchmal, worin grosse Themen des Glaubens ausführlich erörtert werden, aber auch wichtige Sachen, Probleme auch der Gemeinden welche er schreibt, mit viel Mitgefühl und oft mit grosser Weisheit besprochen werden. Paulus schreibt vor allem an Gemeinden wo er selber gewesen war, oder die er selber gestiftet hat; wovon er die Menschen und die Verhältnisse dort gut kennt, und wovon er auch weiss dass sie wichtig finden was er schreibt. Dass sie seine Meinungen hochschätzen, sein Glaube teilen, und hohe Erwartungen haben wenn er bestimmte Lösungen vorstellt für die grosse Fragen, die sich in den Gemeinden vortaten. Die sich immer vortun, wo Menschen zusammenleben, auch wenn wir versuchen unseres Bestes dabei zu geben. So schreibt Paulus seine Briefe, und die Menschen die diese Briefe empfangen haben, sie lesen die, besprechen diese mit einander, en bewahren sie; schreiben sie ab und leiten sie weiter, an anderen Interessierten. So sind sie letztendlich auch zu uns gekommen, und können wir diese noch immer lesen.
So schreibt Paulus auch an die Gemeinde in Korinth, in Griechenland, im Norden der Pelopones, mindestens zwei Briefe, vermutlich mehr. Er hatte diese Gemeinde selber gestiftet, aufgebaut, und bleibt auch mit ihr in Verbindung wenn er wieder abreist. Auch wenn es später grosse Schwierigkeiten gegeben hat, versucht er mit ihr in Kontakt zu bleiben, durch die Vermittlung eines gewissen Titus, und durch Briefe der Gemeinde und von ihm selbst. Wenn man versucht anzugeben worum es Paulus eigentlich geht in seinen Briefen, was der Kern seines Anliegens ist, dann kann man sagen dass es ihm geht um die Aufrichtigkeit des Glaubens, in Verbindung mit Christus. So schreibt er, über sich selbst und seine Mission: “Wir verkünden es aufrichtig und in Christus, von Gott her und vor Gott.” Er versucht also, in seinem von Gott gegebenen Auftrag, und wie in Verantwortung vor ihm, Zeuge zu sein seines in Christus gegründeten Glauben.
Gleichzeitig fragt er sich, ob man selber von einer solche Aufrichtigkeit überzeugt sein kann. Kann man so etwas von sich selber sagen? Wissen wir nicht immer auch, dass uns manchmal auch andere Gedanken durch den Kopf gehen, nicht so gläubige, nicht immer so positive, nicht völlig überzeugt von dem lieben Gott. Von wem können wir dann die Bestätigung unserer Aufrichtigkeit bekommen, wenn wir es eigentlich auch immer brauchen um davon überzeugt zu sein. Wir können es kaum von uns selber behaupten, weiss auch Paulus. Und vor Gott ist es vielleicht auch nicht immer so sicher. Kann die Gemeinde dann darin eine wesentliche Rolle spielen?
Dann benutzt Paulus das Wort ‘Brief’: “Unverkennbar seid ihr ein Brief Christi.”
Es ist, als ob die Existenz der Gemeinde an sich schon, und hoffentlich auch die Weise worauf die Gemeinde Gemeinde von Christus ist, vergleichbar ist mit einem von Christus selber geschriebenen Brief. Als ob wir diesen Brief immer in unserem Leben erwarten können, Aussicht darauf haben, am Fenster unserer Zimmer sitzen, und einen solchen Brief mit Spannung erwarten. Als ob wir immer mit unserer völlige Aufmerksamkeit diesen Brief lesen, sowie die brieflesende Frau in Blau, von Vermeer: mit alle verwirrende Gefühle die es in unserem Leben gibt, mit der Leere, mit den leeren Plätzen um uns herum. Als ob wir selber ein Brief Christi sind, worin er seine Liebe zu unserer Welt bekündet, und uns zu einem Instrument davon macht. Wissend aber auch dass es in diesem Brief um eine Botschaft, eine Nachricht an uns geht, was wir mit unserem Leben tun müssen und können. Vielleicht auch damit wir in unserem Leben von einer Liebe wissen, die auch für uns bestimmt ist, als die Grundlage unseres Daseins.
Dieser Brief Christi, die das Wesen der Gemeinde ausmacht, ist das nicht so sehr, weil sie so von Menschen geschrieben wurde, nicht mit Tinte, sondern, schreibt Paulus, “weil sie mit dem Geist des lebendigen Gottes” geschrieben wurde. Vielleicht merken wir immer wieder etwas davon auf die Momente unseres Lebens, unseres Zusammenseins auch, wenn wir wirklich inspiriert sind, vom Geist Gottes inspiriert, um in seinem Namen zu denken, um in seinem Namen zu handeln. Wenn die Liebe zu unseren Nächsten wirklich der Massstab für unser Leben wird. In aller Aufrichtigkeit, ohne Nebengedanken, so wie wir in unserer einfache Reinheit eben sind.
Dann kann es immer Pfingsten sein: wenn der Heilige Geist mächtig wird über uns, und wir Dinge sagen können die wir sonst nicht so schnell sagen. Wenn wir Dinge tun können die wir früher nicht taten. Wenn wir Briefe schreiben können, die wir uns nie anvertraut hatten. Wenn wir Worte sagen können, die richtunggebend fuhr das Leben sind.
Wenn wir Gemeinde sein können, wie wir gemeint sind: als ein Brief Christi, für unsere Stadt, für unsere Welt bestimmt, erfüllt von der Heiligkeit Gottes.
Amen.

Gebet:
Lieber Gott,
wir bitten dich, um deinen Heiligen Geist,
dass du uns erfüllst mit einem Wissen von dir,
wie du in der Nähe von Menschen bist,
wie du deine Liebe zu Menschen zeigst,
so wie das offenbar wurde im Leben Jesu,
so wie das von Menschen gezeigt wurde,
die ganze Geschichte hindurch,
die ihr Leben von deiner Liebe bestimmt wussten,
und diese gezeigt, und weitergeleitet haben an Menschen,
manchmal mit grosser Mühe, mit dem Opfer ihres Lebens,
manchmal auch in der Einfalt eines zurückgezogenes Leben,
in ihrer Gebete, in der Sauberkeit eines reines Lebens,
in der Aufrichtigkeit ihres Glaubens.
Wir bitten dich, dass du uns inspirierst, immer wieder,
um genau anzufühlen was alles mit Menschen passiert,
was ihnen im Unglück trifft, was ihre Freude ausmacht,
wie wir bei ihnen sein können, mit unserer Hilfe,
mit unseren Worten auch, mit unseren Briefen.
Wir bitten dich, dass wir Menschen in der ganzen Welt
etwas verstehen können von deinen Absichten mit uns,
wie du versuchst uns zu einer Weisheit zu bringen
die brauchbare Lösungen sind für unsere Fragen,
wie du uns mit einer Offenheit für anderen segnest,
damit wir uns alle verstehen können, und helfen,
wie du uns die Kraft zu einer bleibende Liebe schenkst
die soviel Schwierigkeiten überwinnt.
Sei bei uns, Gott, mit deinem Geist,
mit der Nähe deines Sohnes,
mit der Aussicht deiner Liebe.
“Onze Vader..”
Amen.