Gottesdienst Heiligabend 2019
Bibellesungen:
Micha 4: 1 – 5.
Lukas 2: 1 – 20.
Gebet:
Lieber Gott,
an diesem Heiligabend, in diese vertraute Kirche,
sind wir zusammen um das Fest zu feiern,
das Fest von Weihnachten,
das Wunder, dass du zu uns gekommen bist,
um als ein Mensch unter uns zu leben;
um uns daran zu erinnern
was es heisst um wirklich Mensch zu sein,
um wieder zu wissen
was Liebe ist, und Gerechtigkeit,
um Aussicht auf Frieden zu bewahren.
Auch heute stellen wir uns in eine lange Reihe von Menschen,
die von dir gewusst haben in ihrem Leben,
die in eine Aussicht auf dich gelebt haben,
in der Erwartung dass du zu uns kommst,
in der Verheissung dass du uns wieder zeigst
wie unsere Verbindung mit einander sein kann:
wie du herunter kommst, zu unserer Welt,
wie du uns nach oben ziehst, näher zu dir,
wie wir höher stehen können als wir manchmal stehen,
wie wir über uns selber hinaussteigen können,
und Mensch sein können nach deinen Absichten,
wie du uns alle gemeint, und geschaffen hast.
Sei bei uns, Gott, in unseren Gedanken, in unsere Erwartungen,
gib dass wir etwas wissen, in unserem Leben,
von deiner Erhabenheit, von deinem Herannähen an uns,
dass wir so etwas wie das Wunder in uns selbst erleben,
und zeigen können dass es wahr ist, an einander,
an unsere Welt, die deine Liebe, deine Nähe,
sosehr braucht.
Amen.
Krippenspiel der Kinder.
Predigt:
Vielleicht müssen wir immer mit Weihnachten das Wunder bedenken. Das Wunder, wie die Kinder sagten, dass “Gott Mensch wird, Grund zum Feiern.” Das Wunder von damals, in der Nacht von Bethlehem; die Wunder auch, die im Leben von Menschen passieren, die ganze Geschichte hindurch. Vielleicht, auch jetzt noch, auch in unserem Leben.
Weihnachten ist immer die Zeit um mindestens die Möglichkeit des Wunders zu bedenken. So wie auch die viele Geschichten die mit Weihnachten verbunden sind, oft über so etwas wie ein Wunder erzählen. So musste ich denken an ein altes Märchen aus dem Elsass, das so etwas sein könnte wie das Modell einer Weihnachtsgeschichte.
Es geht (wie so oft) über ein armes Mädchen (das auch wir sein könnten), das am Heiligabend (einem Abend wie heute) von Tür zu Tür geht um noch zwei kleine Tannen zu verkaufen, um ein bisschen Geld zu verdienen. Aber überall wo sie kommt, haben die Menschen schon welche. In ihrer Verzweiflung klopft sie am letzten Haus der Stadt an die Tür, aber das ist ausgerechnet das Haus des reichen Gärtners Eidel, der selber Tannen anpflanzt. Wenn die Tür geöffnet wird, sieht sie die ganze Familie um das Feuer herum, und einen riesigen glänzenden Baum, der mit Reichtümer überladen war. Dann wurde sie traurig und schwieg, weil sie verstand, dass ihre letzte Hoffnung verschwunden war.
Der Gärtner aber lädt sie ein hereinzutreten, und fragt ihr was sie will. Und wenn sie dann leise sagt dass sie ihre beide Weihnachtsbäume verkaufen will, aber auch sieht das seine so viel schöner ist, sagt er: “Macht nichts, gib sie mir.” Und er gibt ihr ein Goldstück dafür. Sie traut ihre Augen kaum, aber freut sich und dankt, und kehrte wohlgemut nach Hause. Der Gärtner Eidel warf die beide Tannen in eine Ecke und kümmert sich weiter um den Weihnachtstisch.
Das könnte das Ende dieser Geschichte sein, aber sie geht tatsächlich noch weiter. Und jetzt lese ich aus dem Märchen selbst:
“Am anderen Morgen, am Weihnachtstag, kehrte Frau Eidel das Haus, und stellte die zwei Tannen auf die Strasse. Die Kinder spielten im Schnee, auf den Kirchgang wartend, nahmen die zwei Stämmchen, ahmten ihren Vater nach und pflanzten sie hinter der Kirche. Die Glocken läuteten. Die Leute nahmen in der Kirche Platz. Eidel sass in seinem schönen Mantel in der vorderste Reihe und dankte Gott für seine Familie. – Als die Messe gelesen war und die Kirche sich leerte, schrien die Leute auf dem Vorplatz verwundert auf. Zwei Tannen reckten sich so hoch wie der Kirchturm in die Wolken. Eine Taube erhob sich aus einem Kirchenfenster, flog auf jede Tanne und schlug dreimal mit den Flügeln, dann kehrte sie in ihr Kirchenfenster zurück.”
Ein solches Wunder könnte die Folge eines einfachen guten Handlung von uns sein: dann wachsen die Bäume, die Tannen, bis in den Himmel hinein. Man könnte auch sagen: dann wachsen unsere gute, auch die am meisten lässige Taten von uns, bis in den Himmel hinein. Dann bewirken sie eine unerwartete, wunderliche, von dem Himmel begrüsste Auswirkung, worin selbst die Natur die Seele von Menschen spiegelt: wie sie himmelhoch jauchzend sich über die gute Taten von Menschen erfreut. In Dankbarkeit für was an uns – oder durch uns – getan wurde; in Freude um die Aussicht die hierdurch an Menschen gegeben wird. Das alles können wir, so ungefähr, in dieser Geschichte lesen. Und auch noch, dass derHeilige Geist, im Form einer taube, das alles, in Gottes Namen, bestätigt.
Aber, ist es nur eine Geschichte? Sind dies Bilder eines poetisches Leben, die wir nur auf bestimmte Momente unseres Leben geniessen können, ertragen können? Oder weisen solche Geschichten, solche Bilder, uns wirklich einen fruchtbaren Weg ins Leben?
Das hängt natürlich in grossem Masse von uns selbst ab.
Und das Gleiche gilt genau so natürlich für die biblische Geschichte, die wir hören und sehen: im Krippenspiel der Kinder, in der Bibellesung selbst, in der Erinnerung daran, in der Rolle die sie spielen können bei den wichtigsten Entscheidungen unseres Lebens. Was behalten wir davon? In unseren Gedanken? In unseren Herzen? Was tun wir wenn ein armes Kind uns zwei Tannen verkaufen will, als ob ihr Leben davon abhängt? Oder vergleichbare Situationen? Glauben wir dann noch in Wunder?
Und was verlieren wir, wenn wir nicht mehr in solche Wunder glauben?
Vielleicht hilft es uns, im Leben, wenn wir in solchen Geschichten, wie in dem Märchen aus dem Elsass, aber auch in der biblische Geschichte der Geburt Jesu selber, – wenn wir darin so etwas entdecken können wie zwei einander ergänzenden Bewegungen. Eine horizontale und eine vertikale Bewegung.
In der Biblische Geschichte der Geburt werden viele Bewegungen von Menschen signalisiert: von Menschen die sich einschreiben müssen in Steuerlisten, in ihren ursprüngliche Geburtsstädten, so wie Josef und Maria das auch tun. Ganze Volksstammen sind in Bewegung, alles ist voll, alles wirbelt durcheinander. Dann gibt es die Bewegungen von Hirten, die in der Nacht ihre Tiere verlassen, um ein neugeborenes Kind zu begrüssen, zu anbeten. Später kamen noch von weither Magier, ‘Könige’ später genannt, um ihre kostbare Geschenke anzubieten. Alles Bewegungen auf der Erde, um sozusagen, horizontal, auf unsere Erde.
Aber all diese horizontale Bewegungen werden durchkreuzt von vertikale Bewegungen. Von Engeln, die sich bei den Hirten melden; von Sternen, die ihre Weisungen zu den Menschen senden. Und vor allem natürlich, durch diese hindurch, eine Bewegung von Gott zu uns, Menschen, um sich zu zeigen als ein verletzbares Kind. Um sich, im Gestalt eines Menschen, zu zeigen als ein beispielloses Beispiel von Liebe und Weisheit, hinweisend zu einer Zukunft von Gerechtigkeit und Frieden. In seinem Leben treffen sich diese beide Bewegungen, die horizontale und die vertikale, in seine viele Begegnungen mit Menschen, wenn, jedes Mal aufs neue, etwas sichtbar wird von einem Wunder. Wenn sich in den Wegen von Menschen, in unserem Leben auch, etwas sichtbar wird von der Liebe von Gott. Wenn er uns ermutigt in unserer zögernde Hoffnung; wenn er uns Aussicht bietet in unsere Hoffnungslosigkeit; wenn er uns in der Freude begegnet wenn wir das Leben teilen mit einander.
Vielleicht ist das ein bisschen Weihnachten; um wieder zu wissen dass es diese beide Bewegungen gibt! Um in unserem Leben, in unsere Begegnungen mit Menschen immer zu versuchen ein bisschen von ‘oben’ zu verwirklichen. Um die Liebe zu realisieren die auch uns gegeben ist. Um die Freude auszustrahlen die in Menschen möglich ist. Um für den Frieden zu stehen worin wir glauben.
Damit das Wunder von Weihnachten wieder da ist.
In unseren Herzen, in unserer Welt.
Amen.
Gebet:
Lieber Gott,
gib, dass auch für uns das Wunder möglich ist,
für uns alle, Menschen in dieser, deiner Welt,
dass wir etwas von deiner Liebe für uns alle erfahren,
und selber verwirklichen können;
dass wir jeden Tag aufs neue Aussicht auf ein Menschenleben bekommen
das uns sichtbar macht
wie wir auch selber in Liebe leben können,
Umsicht haben für was anderen kümmert,
Mitleid haben mit was ihnen an Unheil trifft,
festbeschlossen sein können um anderen zu helfen,
wenn das in unserem Vermögen liegt;
schenk uns immer, auch heute, die Kraft
um in deiner Liebe zu glauben,
in das verletzbare Kind das deinen Namen trägt,
in den Mann der uns die Augen öffnete
für was unsere beste Möglichkeiten sind
um für dich und die Menschen zu stehen.
Wir bitten dich für die Menschen unserer Welt
die deine Liebe, und unsere Hilfe, am meisten brauchen:
für die Armen, die Flüchtlinge, die Kranken, die Wehrlosen,
gib sie alle die Kraft um in das Leben zu glauben,
in Zusammenhalt von Menschen.
Wir bitten dich dass du auch bei uns anwesend bist,
bei alle Menschen die Weihnachten feiern
in der Hoffnung Kinder von dir zu sein,
von deiner Liebe umgeben,
ausgerüstet mit deiner Kraft,
liebevoll zu allen Menschen wie wir begegnen.
Sei bei uns allen, Gott,
lass uns deine Menschen sein.
“Onze Vader…”
Amen.