Gottesdienst Heiligabend 2018

Bibellesungen:

Jesaja 11: 1- 9.

Lukas 2: 1 – 20.

 

Gebet:

 

Lieber Gott,

an diesem Heiligabend kommen wir zusammen,

in Vertrauen auf dich,

dass du uns nah bist,

sichtbar in einem Kind,

als ein Bild von dir;

wie du uns zeigst was wir hoffen können

wenn wir erfüllt von Liebe sind,

wenn wir vertrauen in die Unschuld von Menschen

die offen stehen für einander,

einander in die Augen schauen,

Gerechtigkeit erwarten können,

auf Frieden hoffen dürfen,

den Mut für grosse Worte zeigen,

und selbst die kleinsten sein können,

die nicht immer Recht haben.

Gib, Gott, an uns allen, an Kleinen und Großen,

ein Bild dessen, wie wir Weihnachten feiern können

als ein Fest von dir,

wie du zu uns kommst,

wie du bei uns bist,

wie du uns zu deinen Menschen machst

in dieser Welt.

Amen.

 

 

 

Krippenspiel von den Kindern.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Predigt:

 

Früher gab es immer Schnee mit Weihnachten. Oder doch nicht? Ist diese Idee nur erfunden von den Schriftstellern, die eine schöne Weihnachtsgeschichte erzählen wollen? Weil es so gut bei einander passt: die schneeweisse Welt draussen, als ein Bild der Reinheit, die unsere Seele spiegelt; und, da gegenüber, die intime Abgeschlossenheit der Häuser, wo es Licht gibt und Wärme, und wo die Menschen in Freude und Frieden zusammen sind. Ist dieses Bild noch immer bestimmend für unser Weihnachtsgefühl? Genügt das auch noch für uns?

Für den so besonderen und gefühlvollen Schriftsteller Robert Walser gab es nicht so einfach Schnee mit Weihnachten. Obwohl es in der Schweiz woher er stammte noch üblicher war als hier dass es Schnee gibt, mit Weihnachten. Für ihn war auch diese Selbstverständlichkeit nicht mehr gültig. Was steht noch fest in unserer Welt? Was steht noch fest in unserem Leben? In unserem Glauben?

Dieser Robert Walser hat vor neunzig Jahren eine kurzen Geschichte für Weihnachten geschrieben. Einen Aufsatz nennt er diese. Dieser Aufsatz fängt so an: “Ich weiss nicht, ob die Straßen des Städtchens, worin sich zutrug, was ich hier phantasiere, schneeweiß waren oder nicht, ob’s schneite, oder ob dies nicht zutraf. Ein Dörfchen sah wie ein Zuckerbäckerkunstwerk  aus, so tief lag es in der Verschneitheit. Ein benachbartes jedoch hatte kein Flöckchen bekommen. Glich dieser Umstand nicht beinahe etwas Wunderbarem?”

Diese wunderbare Verschiedenheit zwischen benachbarten Dörfern, Städtchen, ist auch erkennbar zwischen den Menschen, die in ihren Häusern das Weihnachtsfest feiern, jede Familie auf ihre eigene Weise. Zusammen mit einander, oder ganz alleine.

Und alle mit ihre eigene Lebensumstände und persönliche Erfahrungen. Nachdem er diese Menschen kurz beschrieben hatte, lautet der überraschende Schlusssatz so: “Jetzt trat das Christkindchen herein.” mit diesem Satz endet die Geschichte tatsächlich.

Was können wir mit einem solchen Satz worauf wir nicht vorbereitet sind? Oder, wesentlicher noch: können wir überhaupt glauben dass das “Christkindchen” einfach in dieser Welt hereintritt? In unseren Häusern? Bei uns zuhause? Dieses Jahr mit Weihnachten?

Es war nicht das einzige Mal in seinem Leben, dass Walser über Jesus schrieb. und immer gab es auch Schnee in diesen Geschichten. Und nicht nur Schnee, es gab auch immer die Frage, an sich selber vor allem, ob er nicht phantasiere. Ob es nicht “Einbildungen sind, wirre und wilde Phantasien, Nachtgebilde”, wie er schreibt in eine wunderbare Geschichte aus dem Jahr 1916, die “Jesus” heisst, und worin ihn Jesus erscheint. “Ich möchte nicht zweifeln”, schreibt er, “ daß er mir eines Tages, am späten Winterabend, da es schon angefangen hat zu dunkeln, im Schnee erschien.”

Natürlich weiss er, genau wie wir, dass so etwas fast unmöglich ist. Aber dennoch, obwohl “die Kälte (…) ihn durch die dünnen Kleider drang”, und er genau wahrnimmt was ihn umgibt, die Wirklichkeit nie aus den Augen verliert, – dennoch erfährt er eine “Stille und Liebe” die ihn erschauert und durchglüht, wenn er eine fremdartige Gestalt sieht, und der Gedanke sich ihn aufdrängt, “es sei Jesus, den ich da vor mir sehe”. Walser schreibt: “Es war ein unaussprechliches Freuen, Hoffen, und Glauben und Lieben in mir”, wenn er diesen Mann sieht. Und wenn er später darüber nachdenkt, und sich selber die Frage stellt was dies alles für ihn bedeutet, und weshalb Jesus ausgerechnet dort, “am äussersten Rande der Stadt”, erscheinen würde,  dann schreibt er zum Schluss seiner Geschichte:

“Ich ging dann ins Haus hinein, hinauf in mein Zimmer, zündete die Lampe an, setzte mich an den Tisch, ergriff die Feder und schrieb auf ein Blatt Papier das Gesicht und alle Gedanken, die darauf Bezug hatten, sorgfältig nieder. Als ich fertig war, ging ich ans Fenster, öffnete es, und schaute hinaus in die Nacht, in die der Halbmond aus seine Höhe hinabschaute, und da sah ich den fremden Mann noch immer auf der Straße stehen. Ich hätte ihm irgend etwas zurufen mögen, aber ich fand kein geziemendes Wort, und die Stimme war mir wie abgeschnitten. Ich schloß das Fenster und legte mich ins Bett. Am andern Morgen, als ich hinunterging, war mir, als suche ich die Spuren von des Fremdlings Fuß im Schnee. Er selber war weg.”

 

Nochmals, Walser selber weiss nicht genau was er davon halten kann, ob er wirklich glauben kann dass dieser Mann im Schnee wirklich Jesus war. Auch für ihn ist es unwahrscheinlich. Aber, er hält daran fest, dass dieser Mensch auf jeden Fall das Bild Jesu auf eine so klare Weise bei ihm aufdrängt, dass der Gedanke an Jesus bei ihm bleibt. Auch zu Hause. Auch dann kann er die “Stille und Liebe, die ihn erschauert und durchglüht” nicht vergessen. Auch dann, wenn er nicht weiss was er mit dieser Erfahrung anfangen kann. Und zuhause, wenn er das Fenster geöffnet hat, sieht er den Mann dort stehen, im Schnee. Aber es gelingt ihm nicht ein Wort auch nur zu ihm zu sagen. Am anderen Tag versucht er noch die Spuren des Fremdlings im Schnee zu suchen, zu verfolgen.

Ich dachte: was ist Weihnachten anders als der Versuch die Spuren eines unbekannten Mannes zu verfolgen? Auf Grund einer Erfahrung von Stille und Liebe, die wir je in unserem Leben gemacht haben. Auf Grund von Geschichten die wir je gehört haben, von einem Mann der Liebe für unterschiedliche Menschen gezeigt und um sich her verbreitet hat. Geschichten die uns noch immer gut tun; die uns inspirieren um mindestens zu versuchen etwas Vergleichbares in unserem Leben zu verwirklichen. Damit die Welt ein bisschen wärmer wird, ein bisschen besser; damit nicht die Kälte uns Menschen beherrscht, die Gleichgültigkeit, sondern wir erfahren können, wie eine herzliche Bemerkung, Intimität, Nachsichtigkeit das Leben so viel reicher macht. Damit wir einander einfach sehen und lieben können. Damit auch wir die Spuren dieses Mannes verfolgen können, in unserer Welt, in unserem Leben.

So kann Weihnachten jedes Jahr aufs neue der Anfang sein eines neuen Versuchs unsere Fenster zu öffnen, um zu kucken ob wir den Mann sehen können, dessen Geburt wir heute feiern. Um uns auch die Frage zu stellen, vielleicht zwischen alle unsere eigene Feierlichkeiten hindurch, ob wir ihn wirklich in unserem Blick bekommen. Ob wir wirklich glauben in seinem Weg von Aufmerksamkeit und Liebe.

Ob unser Glauben so stark ist, dass wir seine Nähe so deutlich spüren; dass auch wir etwas verwirklichen wollen von dieser Liebe und Wärme die er um sich her verbreitete.

Ob wir in seinen Spuren treten wollen.

Amen.

Gebet:

 

Lieber Gott,

wir bitten dich, an diesem Heiligabend,

dass du uns mit einer Freude erfüllst

über das Kind in der Krippe,

als deine Ankunft bei uns,

wie du anwesend bist in unserer Hilflosigkeit,

wie du uns zu mutige Menschen machst,

in Vertrauen auf dich, für die Zukunft von Menschen.

Wir bitten dich, dass du uns mit Hoffnung erfüllst

für die Menschen die selber fast ohne Hoffnung sind,

für wen so viel vernichtet ist in ihrem Leben,

durch Hass, durch Krieg von Menschen,

durch Katastrophen auch in der Natur;

die kaum mehr sehen wie sie leben können,

wie sie Essen bekommen können, ein bisschen Sicherheit

dass auch für sie das Leben gut sein kann, und friedsam.

Wir bitten dich, dass du uns mit Liebe erfüllst,

in diesen heiligen Tagen, mit den Bildern vor Augen

die wir von dir empfangen haben;

dass wir auch weiter in unserem Leben

von dieser Liebe wissen können,

um diese auch selber zu verwirklichen,

bei uns zuhause, in unserer Nähe,

bei all den Menschen auch, die wir begegnen,

mit wem wir deine Liebe teilen mögen.

Gib dass wir alle Weihnachten feiern können

in deinem Geist von Freude;

gib dass die Welt von Frieden weiss,

dass Menschen kostbar sind,

und wir für Glück empfänglich.

“Onze Vader…”

Amen.