Gottesdienst Gründonnerstag 2018
Bibellesungen:
Psalm 31: 2 – 6.
Lukas 23: 44 – 49.
Gebet:
Lieber Gott,
Auch heute Abend kommen wir zu dir mit unserem Gebet,
dich suchend in unserem Nachdenken darüber
was das Leben, was der Tod dieses Menschen sein könnte,
in wen wir deine Verbundenheit mit Menschen erkennen können,
wie er seine Liebe zu Menschen zeigte
in Worten, in Gesten, die uns mit Hoffnung erfüllen;
wie er Gerechtigkeit suchte
wo wir vor allem unser Eigennutz suchen,
wie er von deiner Weisheit zeugte
wo wir manchmal kurzsichtig sind und zu wenig bedenken
wie wir in unserem Leben etwas besser machen können,
makellos, voller Zartheit und Liebe.
Es ging manchmal gegen den Strich, was er sagte und tat,
die Menschen empörten sich darüber,
und haben ihn verfolgt, und letztendlich getötet,
weil wir manchmal nicht die Reinheit ertragen, die möglich ist;
weil wir es uns nicht zutrauen um ungeschützt zu sein,
ganz harmlos, ohne alle Mittel um kräftiger zu scheinen
als wir in Wirklichkeit sind,
so rein wie du uns geschaffen hast.
Wir sind heute gekommen um ihn zu gedenken,
um in seinen Namen zusammen zu sein,
um wieder von seinem Vertrauen zu wissen,
in den Menschen, und in dir,
um daran ein Vorbild zu haben,
das uns in unserem Leben so etwas wie eine Kraft geben kann
um in seinem Geist zu leben;
auch dann wenn wir uns hilflos fühlen,
nicht wissend wie wir leben können,
nicht wissend was wir denken müssen
von soviel das passiert, in unserem Leben,
in unserer Nähe, in dieser Welt.
Sei du bei uns, gib uns Vertrauen,,
sei du eine Zuflucht für uns.
Amen.
Predigt:
Unser Gottesdienst von heute, Gründonnerstag, ist dazu bestimmt um nachzudenken über ‘Abschied’, Abschied durch den Tod. Wir sind dazu genötigt (um sozusagen) durch die Geschichte Jesu, und die verschiedene Aspekte seiner letzten Lebenstage: das Zusammensein mit den Jüngern, beim Abendmal; seine Gefangennahme und den Prozess das darauf gefolgt ist; die Kreuzigung danach und sein Sterben. Das alles muss doch geraume Zeit gedauert haben, aber in der Erinnerung von Menschen ist das ganz konzentriert, in nur ein-zwei Tage, wo die Geschehnisse schnell auf einander folgten. Die Trauer darüber, durch die Jahrhunderte hindurch, hat auch immer die verschiedene Momente dieser Tage festgehalten und Aufmerksamkeit gewidmet. Auch um unsere eigene Erfahrungen von Abschied und Tod in die Geschichte Jesu zu erkennen; um dadurch auch zu versuchen seinen Tod zu verstehen, und um so, in diesen Wechselbeziehungen von Abschied und Gedenken, ein bisschen weiter zu kommen in unserem Nachdenken über die wichtige Fragen des Lebens.
Wir haben heute gelesen wie der Tod Jesu beschrieben wurde. Nachdem alles was davor schon passierte, beendet war, – auch was er kurz davor zu seinen beiden Mitgekreuzigten gesagt hatte, – und das Moment des Sterbens gekommen war. Das wird beschrieben als ein fast den ganzen Kosmos umfassendes Geschehen: “Die Sonne verdunkelte sich”, wird gesagt. Es ist als ob Erde und Himmel eins sind in ihren Trauer, und nichts und niemand sich daran entziehen kann. Auch der Vorhang des Tempels riss entzwei: auch das Heiligste wird gebrochen, wird ernsthaft beschädigt. Jesus selber weiss dass er stirbt, dass sein Ende definitiv gekommen ist. Und auch dafür hat er, der schon so viele wichtige Worte in seinem Leben gesprochen hat, seine eigene Worte bereit: “Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.” Natürlich, es sind alte, biblische Worte, die jetzt zur Hilfe kommen, Worte die schon immer, oder schon lange Zeit, bereitliegen um benutzt zu werden, wenn die Zeit darum fragt. Es sind aber, gleichzeitig, die vielleicht treffendste Worte die man dann sprechen kann, wie in einem Gebet, vielleicht das kürzeste, und vielleicht das wichtigste, das man dann noch sprechen kann. Wenn wir dann noch sprechen können. Vielleicht ist die Gedanke schon genug, der Gedanke je daran. Als der einfachste, der reinste Ausdruck unseres Vertrauen in Gott: dass er, auch dann noch, über uns verfügen kann; uns aufnehmen in seinem Erbarmen.
Auch auf diesem Moment seines Sterbens ist Jesus nicht alleine. Auch wenn er das vielleicht nicht mehr weiss. Es gibt den Hauptmann noch, der Gott für diesen Mensch preist, und über ihn sagt: “Das war wirklich ein gerechter Mensch”. Es gibt den ‘Bekannten’ noch, die Jünger, die Frauen, die in einiger Entfernung des Kreuzes standen, und alles mit ansahen. Sie sind die Zeugen des Geschehen, von diesem Moment, und von seinem Leben. Es sind die Betroffenen, Aussenseiter und Menschen aus dem engen Kreis, die ersten die weitererzählen wer er in seinem Leben war.
Und wir? Wo stehen wir (um sozusagen)? Was kann dieser Tod für uns bedeuten?
Wie können wir uns in diesem Tod erkennen?
Ich musste denken an einem Gedicht des Russischen Dichters Ossip Mandelstam, der vor ungefähr hundert Jahre ein Gedicht schrieb wovon die erste Zeile so lautet:
Diese Nacht – nicht gutzumachen,
Doch bei euch brennt noch ein Licht.
Vor Jerusalem entfachte
Sonne: schwarz erhebt sie sich.
Anlass für dieses Gedicht war die Tod seiner Mutter, die viel für ihn bedeutet hatte. Wie so oft, auch bei uns, war er überrascht von der Nachricht davon, und er realisiert sich, in einer Mischung von Dankbarkeit und Schuldgefühl, dass er nichts mehr für sie tun kann. Sie hat ihm noch ein bisschen von den jüdischen Brauche gelehrt, und er versucht seinerseits so etwas wie ein Kaddish zu sprechen, ein Gebet für den Toten. Das Bild der schwarzen Sonne ‘vor Jerusalem’ erinnert uns an den Tod Jesu, wenn auch die Finsternis unerwartet über das ganze Land zog. Es ist der passende Ausdruck für die Grösse der Trauer, wenn alles andere für ein Moment total aus dem Blick verschwindet. Dennoch weiss er, dass es irgendwo noch Licht gibt, schwer zu sagen woher das kommt. Vielleicht von einer Kerze bei der Tote, vielleicht von weiter her; von allen gute Erinnerungen, dem je gegebene Vertrauen, oder der Hoffnung die bleibt.
In diesen Tage musste ich auch denken an die Geiselnahme in der Französischen Stadt Trèbes, wo ein Polizist die Stelle der Geisel eingenommen hat, und getötet wurde: Arnaud Beltrame. Sein Tod muss für seine Frau und Familie schrecklich sein, eine “schwarze Sonne”, um sozusagen. Aber vielleicht können wir heute auch sagen, dass in dieser Stellvertretung etwas von dem Licht Christi scheint, worin auch seine Familie ein bisschen Trost finden kann. Ein Licht das sich erhebt, wie schwarz auch.
Und wir? Auch wir haben unsere eigene Erfahrungen vom Tod von für uns kostbare Menschen. Auch wir kennen Momente in unserem Leben, wo die Sonne sich verdunkelte, wo das Leben vor allem durch Finsternis gezeichnet wurde. Auch wir wissen dann wie sehr wir nach ein bisschen Licht verlangt haben: Licht als Aussicht auf eine fruchtbare Zukunft, als Vertrauen darauf dass es wieder so etwas wie Glück geben wird, als die Erfahrung auch dass wir wieder in Harmonie und Frieden mit anderen zusammen arbeiten und leben können.
Wir wissen auch, dass wir nicht danach verlangen müssen, dass all diese Formen von Licht wieder schnell zurückkehren in unserem Leben. Wir müssen manchmal lange Zeit die schwarze Sonne aushalten, bis das Leben wieder ein bisschen sichtbar wird.
Wir wissen auch dass wir anderen Menschen nicht so leicht damit trösten können, dass die klare Sonne wieder sichtbar wird, und das Leben leicht und fröhlich wird. So einfach geht das nicht.
Es ist aber gut um das Vertrauen festzuhalten, dass die Sonne sichtbar wird hinter dem Kreuz. Das war, in den ersten Jahrhunderte des Christentums, das einzige sichtbare Symbol der Auferstehung: ein Kreuz mit einem einfachen Kreis, als Verweis nach die Sonne, die wieder leuchtende Sonne. Ein Verweis nach den Auferstehung also.
Lass uns also versuchen die Schwarze Sonne auszuhalten, wenn diese unser Leben verdunkelt. Aber lass uns auch unser Vertrauen darauf richten, dass die Leuchtende Sonne wieder erscheint, auch in unserem Leben.
Amen.
Gebet:
Lieber Gott,
wir danken dich dafür, dass wir auch heute
bei einander sein können in deinen Namen,
dass wir uns die Worten und Taten erinnern können,
und nachvollziehen, die ein Mensch von damals sprach und vollführte,
in wen wir deinen Geist erkennen können,
in wessen Geist auch wir noch immer leben können,
mit Zögern manchmal, mit Zweifel auch, mit immer der Frage auch
ob wir dazu imstande sind, Nachfolger seines Lebens zu sein,
wenn auch auf unsere Weise, mit unseren Möglichkeiten,
unseren Beschränkungen auch, lebend in unserer Zeit.
Wir danken dich für die Inspiration, die Begeisterung manchmal,
die noch immer von ihm ausgeht, auch in unserem Leben;
für die Gemeinschaft auch, die in seinem Namen geschieht,
die Gemeinschaft von jungen und alten Menschen zusammen,
die sich in ihn und in einander erkennen,
die das Leben möglich macht, in Hoffnung und Liebe.
Wir bitten dafür dass wir immer besser imstande sind
sein Leben in unserem Leben aufzunehmen,
und ein bisschen zu verwirklichen wofür er steht.
Wir bitten dich heute auch für die Menschen
die sosehr verzweifeln über den Sinn ihres Lebens,
dass sie kaum jemand begegnen, kaum angesprochen werden,
für wen alle Freude des Lebens erlöscht ist;
sei du bei ihnen als einer, der ein bisschen Licht bringen kann,
einen Anfang eines neuen Lebens, Aussicht auf Sinn.
Sei du bei allen Menschen, Gott,
die versuchen das Leben zu lieben,
und die Menschen die diese Erde bewohnen.
Sei du bei uns allen, Gott,
die deine Liebe brauchen.
“Onze Vader….”
Amen