Gottesdienst 31. März 2019

Bibellesungen:
Weisheit 7: 21 – 27.
Lukas 7: 31 – 35.

Gebet:

Lieber Gott,
auch wir können so stark nach so etwas verlangen
wie Weisheit, in unserem persönlichen Leben,
und in der Welt worin wir leben.
Dass in allem Wirrwarr, die es manchmal gibt,
eine Gedanke nach vorne springt, die alles einfach macht,
übersichtlich, und so klar,
dass wir die richtige Entscheidung nehmen können,
die akzeptabel ist für uns selbst, und für anderen;
dass eine Gedanke alles ordnet was uns beschäftigt,
und eine Ruhe wiederkehrt in unserem Gemüt.
Dass in allem Chaos, die es gibt in unsere Welt,
so etwas sichtbar wird wie eine Spur von Erlösung,
von einer Weisheit die wohltätig ist,
gute Verhältnisse stiftend zwischen Menschen,
die unverletzlich sind, Frieden stiftend,
wo alle Menschen die als gut erkennen.
Wir verlangen nach eine Weisheit, Gott,
die von dir kommt, uns alle durchdringt,
mit einer Reinheit, mit einer Liebe,
die uns verwandelt zu Menschen von dir,
damit wir etwas widerspiegeln können
von deinem Licht, deiner Klarheit;
damit wir ungetrübte deine Vollkommenheit
weiterleiten in unserer Gebrochenheit;
damit wir das Vertrauen haben
dass unsere Welt auch deine Welt bleibt,
von dir erhalten, von dir geliebt.
Amen.

Predigt:

Über den biblischen König Salomo wird im Talmud, dem jüdischen Auslegung des Gesetzes aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung, eine wichtige Geschichte erzählt. Als das Unglück ihn getroffen hatte, und er kein König mehr war, musste er als Bettler sich im Leben halten. Als er bei einem reichen Mann anklopfte, bereitete dieser seinem Gast einen ganzen Ochsen, und viele andere Speisen vor. Darauf aber begann der Gastgeber von den verflossenen Zeiten Salomon zu erzählen und fragte ihn immerzu: Erinnerst du dich noch der und der Taten, die du, als du König warst, volbracht hast? So ging es eine lange Zeit weiter, bis der ehemalige König traurig und mit Tränen davonging. Am nächsten Tag wurde er von einem armen Manne bei sich zuhause eingeladen. ‘Ich kann dir nur ein bisschen Gemüse anbieten’, sagte er, ‘wenn es dir recht ist, so tritt in mein Haus’. Salomo willigte ein. Als die beiden im Hause waren, wusch der Wirt seinem Gast Gesicht, Hände und Füsse, und stellte auf den Tisch einen Teller Gemüse hin. Und er tröstete seinen einst so mächtigen Gast, und sagte: ‘Mein Herr, der Allgütige, hat deinem Vater den wahren Eid geschworen, davon wird er sich nicht wenden: ‘Ich will dir auf den Stuhl setzen die Frucht deines Leibes’. Die Herrschaft wird dem Samen Davids nicht genommen werden. Also wird er auch dir dein Königreich wiedergeben’. Als Salomon diese Rede vernahm, ward er wieder frohgemut. Wird erzählt. (Born Judas, 78).
Diese Geschichte ist mehr als die vorsichtige Warnung um mehr Trost von den armen Menschen zu erwarten, als von den reichen, wenn es einem schlecht geht. Hier in diesem Fall geht es auch um den Umstand, dass es auch den Mächtigen dieser Erde schlecht gehen kann, und um die Frage was dann noch wirklich hilft, um sie auf die Beinen zu stellen. Können Erinnerungen dann noch helfen? Oder ist es wirklich wahr dass auch dann noch, wenn wir vieles das uns kostbar war verloren haben, so etwas wie Zukunft erschlossen werden kann? Nicht als eine lose Versprechung, die ins Leere verläuft, sondern als eine gegründete Erwartung? Als so etwas wie eine Versprechung Gottes?
Vielleicht ist es heute angemessen um zu sagen, dass viele Menschen in unsere Zeit das Gefühl haben, viel verloren zu haben, oder drohen zu verlieren. Nicht so sehr an Geld, oder Güter; vielleicht mehr noch an teuere Menschen, die sie verloren haben, durch den Tod oder durch das Leben; aber vor allem durch die viele Unsicherheiten, die sich sowieso im Leben vortun, aber immer mehr wachsen zu scheinen. Als ob manches das früher einfach feststand, einfach da war, schwankend geworden ist, und uns viele Selbstverständlichkeiten, die für uns eine Stütze waren, verschwunden sind, uns verloren gegangen sind. Vor kurzem kam in einem Gespräch ein schon alter Spruch zur Sprache, von einem Englischen Schriftsteller, der gesagt haben muss: “ Das alarmierende unserer Zeit ist dieses Mal nicht, dass nur die veränderliche Dinge sich ändern, sondern auch die unveränderliche. Das ist die Gefahr, auch für mich. Nicht nur Kleidung und Umgangsformen und Bankrate und die soziale Ordnung, sondern auch das Meer und die Luft – und Westminster Abbey”.
Ich glaube dass wir alle wissen, wie sehr das der Fall ist. Und wie gross die Not ist, oder droht zu werden, für viele Menschen, in England oder auf dem Kontinent; in unsere Länder auch, durch viele andere grosse Probleme; durch die viele einander widersprechende Fragestellungen und Lösungen auch die vorgestellt; durch die viele manchmal beängstigende Begleiterscheinungen, die oft die Schlagzeilen unserer Zeitungen ausmachen, und unsere Gespräche beherrschen.
Was könnte dann noch Weisheit sein? Das ist, glaube ich, eine der wichtigsten Fragen geworden unserer Zeit. Was hält uns alle zusammen, und wie können wir das am besten verwirklichen? Was ist dann Weisheit?
Bringen wir dann vor allem die Erinnerungen zur Sprache, wie der reiche Mann tut in der Geschichte über Salomo, – was früher alles gemacht wurde, auch von uns; und wie gut das alles war – oder können wir so etwas wie eine neue Zukunft öffnen, wie der arme Mann tut? Ist das vor allem das Vorrecht der Armen um Zukunft zu öffnen, wo die Reichen die Neigung haben sich in ihrer Erinnerungen sicher zu fühlen, oder sich danach zurückzusehnen? Oder ist auch das nicht mehr so sicher?
Fragen wie diese drängen sich unwiderruflich vor, wenn uns einmal die Parabel getroffen hat, die Jesus erzählt um sein Verhältnis zu Johannes der Täufer zu klären. Es wird danach gefragt, und in seiner lange Erwiderung beschliesst er mit einer Aussprache über einen wichtigen Unterschied zwischen Johannes und ihm. Johannes war ein Asket, jemand der sich so viel wie möglich enthielt von den Vergnügen des Lebens, wie Essen und Trinken. Man könnte auch sagen: er fand seine Freude in andere Dinge: in einer Einfachheit die Menschen bewusst machte von den wichtigsten Dingen des Lebens, Gerechtigkeit, Wahrheit. Auch diese Dinge standen im Zentrum der Botschaft Jesu selber, aber der Weg dazu war für ihn eine andere. Nicht mit Enthaltung, sondern mit einer Freude über das Leben, das man auch wirklich geniessen kann. Wie auf eine Hochzeit, wenn die Liebe geteilt, und die Freude darüber bei allen Anwesenden gross sein kann. Wenn viele andere Probleme des Lebens wegfallen, und eine Ehrlichkeit, eine Offenheit, und Vertrauen in die Zukunft einfach da sind, und alle Menschen sich des Lebens freuen. Als die wichtigste Richtschnur für ihr weiteres Leben. Als ein wichtiger Massstab für die notwendige Weisheit von Menschen.
Diese zwei verschiedene Lebenshaltungen werden von Jesus anschaulich gemacht durch das Bild von spielende Kindern. Wie so oft nehmen die Kinder hier eine Schlüsselrolle ein, in dem was er versucht zu sagen. Vielleicht können sie uns überzeugen, über die wichtigen Dingen des Lebens. Zwei Gruppen von Kindern gibt es hier, auf dem Marktplatz, wo gespielt wird. Hinterher, wenn die Spiele eigentlich als misslungen angesehen werden, wird nach die Ursache davon gefragt. Es gibt die eine Gruppe von Kindern, sie haben auf der Flöte gespielt, als ob es eine Hochzeit gibt, – sie haben also nachgeahmt was sie von den Erwachsenen gesehen haben, auf die freudenvollste Tage ihres Lebens, – aber die anderen haben nicht getanzt. Das Fest also war nicht gelungen. Die anderen haben Klagelieder gesungen, – sie haben also versucht so etwas wie ein Trauerfeier nachzuahmen, – und, wie ernsthaft sie das auch gemacht haben, die anderen haben nicht mitgemacht. Sie haben nicht geweint. Sie haben die Trauer nicht wirklich empfunden, und konnten nicht tun als ob.
Trauer und Freude, Johannes und Jesus, diese beide äusserste Möglichkeiten des Lebens, die Menschen haben um wirklich zu tun warum das Leben fragt, – diese beide Möglichkeiten haben auch die Chance zu misslingen. Wenn wir nicht wirklich mitmachen; nicht wirklich mit unseren Gedanken dabei sind; nicht wirklich fühlen, im tiefsten unseres Inneres fühlen, warum es jetzt geht.
Diese beide Gruppen von Kindern stehen, wie Jesus sagt, Modell für “die Menschen dieser Generation”. Für die Menschen seiner Zeit, vielleicht auch für die Menschen von allen Zeiten, auch für diese Generation, die unsrige.
Die Parabel der spielende Kinder wird auf eine besondere Weise abgeschlossen, mit einem Satz der auf den ersten Blick vielleicht rätselhaft, unverständlich ist, aber bei weiterem Nachdenken wirklich von grosser Bedeutung sein kann: “Und doch hat die Weisheit durch alle ihre Kinder Recht bekommen”. Wie ist dieser Satz zu verstehen?
Hier wird plötzlich die Weisheit genannt, die noch nicht zur Sprache kam in dem was Jesus sagte. Es ist die Weisheit der Kinder, die Weisheit von Kindern die völlig dabei sind, wenn sie spielen. Die manchmal gute Gründe haben um zu trauern, auch wenn Erwachsene denken dass es noch so schlimm nicht ist; die Klagelieder singen, die sie von den Eltern abgesehen haben, und andere Kinder einladen um ihr Trauer zu teilen. Sie haben auch gute Gründe um ‘Hochzeit’ zu spielen, wenn es viel Freude gibt, und gute Verhältnisse, und das Moment gekommen scheint um das alles zu feiern; um Musik mit einander zu machen, auf die Flöte zu spielen, weil das Leben voller Freude ist. Das alles wird hier ‘Weisheit’ genannt, als die fürs Leben angemessene Form um mit einander umzugehen. Um zu wissen was man an Richtiges tun kann, und, – innerlich dazu getrieben,- auch tun muss. Was Kinder manchmal auch am besten wissen.
Dieser Weisheit wird von Jesus eine grosse Zukunft geweissagt. Man könnte sagen: was die Kinder in ihren Spielen als die angemessene Form erfahren für all dasjenige das tief in ihr Inneres herumgeht, – diese Weisheit, – diese wird von Gott rechtfertigt. Das heisst: dass Gott sich erkennt in die Formen des menschlichen Betragens, worin angemessen eingegangen wird auf dem was wirklich an der Tagesordnung ist. Mit Trauer und mit Freude, mit Milde und mit Strenge, mit Besonnenheit und ganz spontan, mit Nachdenken und mit Gefühl. Vielleicht müssen wir auch darin den Kinder gleich versuchen zu werden.
Vielleicht spielt auch die Weisheit der Kinder darin eine Rolle, dass sie nicht sosehr nachdenken über Vergangenheit und Zukunft, sondern vor allem im Heute leben. Auch wenn sie trauern, auch wenn sie fröhlich sind, sind sie das jetzt. Auch das könnte eine Weisheit sein. Dann kommt es vor allem auf die Frage an, ob wir ihre Gefühle teilen möchten; ob wir mitmachen in ihren Spiele, und ob wir, genau darin, ihnen das Vertrauen geben dass das Leben etwas gemeinsames ist. Dann kommt es nicht mehr auf unsere gesellschaftliche Positionen an, ob wir wie Salomo ein König sind oder ein Bettler, oder auf dem was wir im Leben alles getan oder erwartet haben, sondern dann kommt es darauf an um einfach Mensch zu sein. Mit aller Anwesenheit wozu wir bereit sind, mit allem Mitgefühl worüber wir verfügen, mit aller Ernst und aller Verspieltheit die uns möglich sind.
Ich möchte heute abschliessen mit einer vielleicht wunderliche Geschichte, über einen Journalisten, der einen Richter interviewen musste in einer für die Öffentlichkeit wichtige Sache. Abends um acht Uhr wurde er im Hause des Richters erwartet. Er klingelte rechtzeitig, ein kleiner Jungen öffnete barsch die Tür, und antwortete auf die Frage des Journalisten ob sein Vater vielleicht zu sprechen war: ‘nein, der böse Wolf ist im Keller eingesperrt’. Und dieser war auch deutlich zu hören, flehend um aus seiner heikele Position erlöst zu werden. Nach einiger Zeit ist es dann doch gelungen den Richter zu befreien, er muss ein bisschen schmutzig ausgesehen haben, aber war sehr wohl im Stande dann das beabsichtigte Gespräch zu führen.
Vielleicht ist’s gut so etwas von einem Richter zu hören: als ein Beispiel von Vertrauen, und von einer Weisheit, die spielerisch und ernsthaft sein kann.
Damit Menschen es gut mit einander haben!
Amen.

Gebet:

Lieber Gott,
wir bitten dich dass du bei uns bist
wenn wir versuchen mit aller Aufmerksamkeit dasjenige zu tun,
was auf unserem Weg liegt, was wir unbedingt tun müssen,
was die Situation worin wir leben von uns fragt;
dass wir wirklich trauern können, wenn es grosse Verluste für uns gibt,
dass wir das Leben feiern können, wenn wir glücklich sind,
dass wir die Weisheit haben um völlig dabei zu sein,
bei der Sache womit wir beschäftigt, bei den Menschen die wir begegnen,
bei dir auch, wenn wir es brauchen um von dir zu wissen,
was du uns sagen möchtest, worauf du uns weist.
Wir bitten dich, dass du deine Weisheit schenkst
an den Politikern, die unsere Ländern betreuen,
gib dass sie ihre Verantwortlichkeiten völlig erkennen,
und wissen was sie für anderen tun können,
im Interesse der Zukunft von Menschen,
wissend von Gerechtigkeit die sie ausüben können,
damit es wirklich besser geht in unserer Welt.
Wir bitten dich für die Kinder dieser Welt,
dass sie sorglos spielen können, unbekümmert,
frei von den grossen Fragen die unsere Welt manchmal beherrschen;
dass, wenn sie fröhlich sind, es Menschen gibt,
mit wem sie ihre Freude teilen können;
dass, wenn sie traurig sind, es Menschen gibt,
die das verstehen können, und versuchen zu trösten,
damit sie das Vertrauen haben dass es gut ist,
um zusammenzuleben, was auch passiert;
damit es eine heile Welt gibt, worin wir leben können.
Sei du bei uns allen, Gott, in unserer Freude, in unserem Trauer,
damit wir als Mensch von dir auch anderen entgegen treten können,
damit es Vertrauen in einander gibt, und in unsere Zukunft,
worin du bei uns bist, uns begegnest.
“Onze Vader…”
Amen.