Gottesdienst 28 Januar 2018

Bibellesungen:

Psalm 84: 2 – 9.

Lukas 19: 1 – 10.

 

Gebet:

 

Lieber Gott,

wir kommen zu dir, mit unserem Gebet,

in unserer Kirche, wo wir auch heute

zusammen sind, als eine Gemeinde von dir,

in dem was dein Haus genannt wird, deine Wohnung,

wo wir etwas hoffen zu finden

von deiner Kraft, womit du uns stärkst,

wo wir diese brauchen in unserem Leben.

Sei du wie eine Wohnung für uns,

wo wir so etwas finden wie ein Schutz

gegen das was wir im Leben fürchten;

sei du ein Halt für uns,

der uns gegen alle Unsicherheit befestigt,

gib uns so etwas wie die Sicherheit

dass wir uns nicht zu fürchten brauchen,

von dir befreit in unserem Leben.

Vielleicht auch, lieber Gott, kommt manchmal der Gedanke bei uns auf,

dass du vielleicht bei uns dir eine Wohnung suchst,

wo du in Ruhe bei uns bleiben kannst,

und in Vertrauen dass es gut kommt in der Welt;

dass wir für dich anwesend sein müssen,

aufmerksam auf dasjenige

worüber du dich grosse Sorgen machst,

damit auch wir ein bisschen helfen können

das Beste auch bei anderen zu verwirklichen,

damit auch wir für anderen ein Haus sind

wo sie sich sicher fühlen in der Welt,

wo sie entdecken können wer sie sind,

wo wir uns alle Menschen wissen

wo du als Gott anwesend bist,

uns allen deine Liebe schenkst.

Amen.

 

 

 

 

 

Predigt:

 

In der erste Zeit der moderne Kartographie, als man angefangen hatte um die ganze Welt in Karten zu verzeichnen, gab es natürlich viele unbekannte Gegenden; wo noch nie jemand gewesen war, es noch keine Berichte gab wie das Land, das Meer, oder die Küste, aussehen konnte. Dann blieb es auf die Karte weiss, und man schrieb einfach darin: ‘Unbekanntes Land’, Terra Incognita. Es gab aber auch Karten wo man dann schrieb: “Hier sind Drachen”. Das war meistens keine Ermutigung um dorthin zu gehen, das wäre zu gefährlich, und es bleib manchmal auch lange Zeit dabei.

Vor kurzem las ich, in einem Gespräch mit einem jungen Geiger, dass der moderne Komponist Luciano Berio diese Formel der Drachen benutzte um seine eigene Arbeit anzudeuten. Auch er getraute sich in unbekanntes Land, und wusste auch dass es dort “Drachen gäbe”; dass er Risiken nahm, für seine Musik, und für sich selbst. Und der junge Geiger, der die Musik Berios spielt, fühlt sich auch darin verwandt: um das Unbekannte zu suchen, auch wenn es riskant ist; wenn es dort “Drachen” gibt.

Diese Beispiele (der Benutzung des Bildes der Drachen) kommen aus der Musik, aus den Künsten. Wo es notwendig ist eine gewisse Kreativität zu üben, zu zeigen, und die Künstler meistens unbekannte Wege gehen müssen. Kreativität ist oft das Entdecken neuer Gegenden, neuer Denkweisen, anderer Weisen von Denken, sich Ausdrücken, Handeln. Und überall wo man sich auf neue Gebiete begibt, gibt es eigene Gefahren, ‘Drachen’. Wir können uns aber fragen, ob es auch nicht ein angemessenes Bild sein könnte für unser eigenes Betragen.

Natürlich tun wir meistens was wir fast immer tun, in unserer täglichen Routine. Und denken wir auch was wir meistens denken. Nicht nur in unserer Arbeit, auch in unseren Gedanken über was alles in der Welt passiert, über andere Menschen auch, über was gut und böse ist. Darin gibt es kaum grosse Änderungen, und viele Menschen bleiben in der Regel bei dem was schon ihre Eltern getan und gesagt haben. Oder was ihre berufliche Klasse meistens sagt, oder ihre politische oder kirchliche Mitbürger durchgehends denken und sagen. Vieles von dem was darin nicht passt, wird oft einfach kritisch beobachtet, oder eben mit einiger Argwohn betrachtet. Wo aber liegen die Grenzen zwischen dem was man kritisch beobachten muss, und dem was man (manchmal fast intuitiv) als ungewünscht, als gefährlich, als ein unbekanntes Land von Drachen bewohnt betrachtet?

Vielleicht kann die Geschichte der Begegnung Jesu mit dem Zöllner Zachäus uns eine gewisse Klarheit geben. Dieser Zachäus hat etwas Besonderes getan, wofür man eigentlich nur Bewunderung haben kann. Auch wenn die Urteile der Menschen in der Stadt wo er wohnte, in Jericho, ausgesprochen negativ über ihn waren. Er war ein verhasster Mann, vielleicht nicht sosehr durch seine Person, als vielmehr durch seine Arbeit: er war ein Zöllner, jemand der die Steuer (für die Römische Behörde) erheben und kassieren musste. Das war eine der erfolgreichste Weisen um sich selber zu bereichern, in einer Gesellschaft wo diese Form von Korruption noch üblich war,- und die Bürger machtlos. Aber, auf einem Tag der entscheidend für ihn wurde, hat sich das alles geändert. Es war der Tag als Jesus durch die Stadt wanderte, Zachäus und er sich begegnet haben, und er die Hälfte seines Vermögens an die Armen gegeben hat. Und was er zufiel gefordert hatte, auch noch vierfach zurückgeben hat.

Was ist mit diesem Mann passiert? Und warum?

Das erste das man über diesen Zachäus sagen kann, das ist, dass die ganze Geschichte in Jericho (von diesem Tag) eingeleitet wurde von einer gewissen Neugier, von ihm. Er hatte offenbar über Jesus gehört, was er alles getan und gesagt hatte, und wenn er dann auch noch hört dass er in der Stadt kommt, will er ihn unbedingt sehen.

Was aber ist Neugier? Es ist meistens schon mehr als einfach etwas sehen wollen, wissen wollen. Es ist auch schon ein gewisses Vorgefühl dass das neue dass man sehen (oder wissen) will, auch wichtig ist für uns. Dass es uns im Leben bereichert (was ein Wort für ein Man wie Zachäus!) oder mindestens gut tut. Vielleicht hatte er auch schon früher im Leben das Gefühl gehabt, dass es eigentlich notwendig war dass sich etwas änderte, etwas Wichtiges, vielleicht in der Grundlagen seines Daseins. Aber dann auch nicht wissend wie er das machen könnte, so alleine, so missachtet, so klein. Nicht nur klein war er in seiner Gestalt, wie er beschrieben wurde, aber vielleicht auch in seinen Gedanken, in seiner Hoffnung, in seiner Hilflosigkeit.

Das Besondere ist, dass er dann, wie ein kleiner Jungen, auf einen Baum stieg, auf einen Maulbeerfeigenbaum, eine der fruchtbarsten Bäume die es gibt. Es ist als ob er seine Kleinheit benutzt, um weiter sehen zu können als die andere Menschen. Um zu sehen auch wer dieser Mann Jesus eigentlich ist. Und darin wird er nicht enttäuscht: er sieht ihn wenn er durch Jericho zieht.

Dann aber passiert etwas das sein Plan weit übersteigt: er sieht nicht nur, ihn den er sehen möchte, er wird auch selber gesehen! Vielleicht hatte er gehofft ungesehen den angekündigten Mann sehen zu können, und vielleicht wäre dann alles beim alten geblieben. Jetzt aber wird er gesehen: nicht nur als Person, aber auch in seinem Verlangen, in seinen Möglichkeiten auch um ein neues Leben anzufangen. Ein eigenes Leben. Ein Leben worin er sich für die Menschen und für Gott gerechtfertigt weiss. Ein Leben in Freiheit auch, wo er sein besseres Ich einfach leben kann. Und noch darüber hinaus erfährt er, dass Jesus ihn braucht; dass es nicht genügt um einander nur zu sehen: er muss in seinem Haus zu Gast sein. Die Gastfreundschaft ist (um sozusagen) der erste Schritt um einander wirklich verstehen zu können; um eine mögliche Änderung festen Boden zu geben.

Es ist (glaube ich) der Mühe wert, sich dieses Bild von Zachäus vor Augen zu stellen, manchmal in unserem eigenen Leben: von einem Menschen der weit über sich selber hinaussteigt. Das macht er nicht nur dadurch, dass er auf einen Baum steigt, obwohl das natürlich hilft um sein Vorbild fest zu halten. Aber auch durch den Mut den er zeigt, den Mut um etwas ausserordentliches zu tun, etwas das man nicht von ihm erwartet hatte: eine vorbildliche Gerechtigkeit zu üben, seine Reichtum wirklich teilen zu können, sich keine Sorgen zu machen über sich selbst, über seine Lächerlichkeit vielleicht (in den Augen von Erwachsenen und Kinder!), und einfach zu tun was sein Herz ihn eingibt. Alle denkbare ‘Drachen’ hat er (um sozusagen) für Nichts gehalten, um einfach zu tun was er für notwendig gehalten hat. So hat er neues Land entdeckt, eine neue Fruchtbarkeit, für sich selbst, und für alle Beteiligten, von damals, und später.

War das nur eine Anwandlung von ihm? Nur eine einmalige Gefühlsregung, die er später vielleicht bedauert hätte? Wir wissen natürlich nicht wie es ihm später gegangen ist. Ob er sich angeschlossen hat bei der kleine Schar von Jünger Jesu, – wahrscheinlich nicht,- oder einfach versucht hat sich in seinem Beruf auf eine neue Weise zu bewähren. Vielleicht ist das auch nicht so wichtig.  Das Wichtigste ist: seine Gestalt wurde festgehalten als einer auf wen das Licht Christi reflektiert wurde. Er hat es aufgefangen und es hat ihn verwandelt. Er war darauf neugierig, ob es so etwas gibt, und empfing es dann mit allem was er war, in seiner Kleinheit und in seinem Verlangen, in seinem Schuldbewusstsein vielleicht, aber auch in seinen Möglichkeiten um ein neues Leben zu gestalten. Er wusste dass er angesehen wurde, mit einer menschlichen Kraft der Liebe die gleichzeitig etwas Göttliches an sich hatte. Und diese Begegnung wurde entscheidend für sein Leben.

Vielleicht können wir heute sagen, dass es nicht nur ein Geschehnis von damals war, das hier erzählt wird. Nicht nur wurde diese Geschichte immer weiter gereicht, wo es auch gelesen und besprochen wurde, unsere ganze Geschichte hindurch. Diese Geschichte wurde auch erkannt in den eigenen Erfahrungen von Menschen. Überall wo Menschen von anderen liebevoll angesehen werden, und dadurch entdecken wer sie eigentlich sind. Liebevoll: das heisst nicht dass es überall Liebesbeziehungen geben muss, wo Menschen einander einfach und wirklich begegnen. Sondern, es heisst in den andern das Beste hervorheben das in uns alle anwesend ist. Das heisst: zwischen Menschen das Unbekannte hervortreten zu lassen, ohne die Drachen fürchten zu müssen. Es heisst: für immer wissen, was unsere gute Stunden uns gebracht haben, und darauf zurückfallen können, ohne Angst für einander, ohne Angst auch für das Unbekannte in uns selbst.

Aber getragen durch das Licht Gottes, das in unsere beste Begegnungen unser Inneres erleuchtet, und uns wissen tut, wer wir wirklich sind; was wir wirklich tun können.

Amen.

 

Gebet:

 

Lieber Gott,

wir bitten dich

dass du auch für uns, für Menschen in dieser Welt,

sein kannst wie einer, der eben vorbei kommt,

der uns ansieht, und uns öffnet,

dass auch wir entdecken wer wir eigentlich sind,

was wir am Besten tun können, für anderen und für uns selbst,

als von dir angesehene Menschen,

als von dir befreit, ins Licht gestellt.

 

Wir bitten dich für die Menschen,

die sich in sich selbst aufgeschlossen fühlen,

und nicht wissen wie sie anderen erreichen können,

oder von ihnen erreicht,

die danach verlangen um anderen in Freiheit zu begegnen,

das Leben geniessen zu können,

um wieder zu wissen was ‘Leben’ heisst.

 

Wir bitten dich für die Menschen

die von anderen ausgebeutet und erniedrigt werden,

und nicht wissen wie sie das ändern können,

die danach verlangen dass es Menschen gibt, Brüder und Schwester,

die sehen wie schrecklich das Los von Menschen manchmal ist,

und versuchen einen Funken von Hoffnung zu entzünden,

damit Gerechtigkeit ein Thema wird für Menschen,

und uns alle streitbar macht, mit deiner Kraft erfüllt.

Sei du bei uns allen, Gott,

die versuchen das Licht der Begegnung mit dir festzuhalten,

in unserem eigenen Leben,

gib dass wir etwas von deiner Liebe ausstrahlen in der Welt,

damit wir alle bessere Menschen werden,

so wie du das von uns hoffst.

“Onze Vader…”

Amen.